Demokratie erleben – Politische Bildungsreise der WBA in die USA

Eine intensive Woche zwischen internationalen Institutionen, politischem Alltag und transatlantischem Dialog
Im Vorfeld der US-Präsidentschaftswahl 2024 reiste eine Delegation der Wiener Bildungsakademie (WBA) für eine politische Bildungsreise in die Vereinigten Staaten. Vom 26. Oktober bis 3. November 2024 führte die Route von New York City über Philadelphia bis nach Washington D.C. – drei Städte mit jeweils eigener politischer Geschichte und symbolischer Bedeutung. Im Zentrum standen Begegnungen mit diplomatischen Vertretungen, zivilgesellschaftlichen Initiativen, internationalen Institutionen sowie progressiven Kräften innerhalb der Demokratischen Partei.
Begleitet wurde die Delegation von Cappar Hajo, Direktor der WBA, sowie Petra Bayr, Präsidentin der WBA und Abgeordnete zum Nationalrat. Beide prägten die Reise durch ihre langjährige politische Erfahrung, analytische Tiefe und ihr klares Bekenntnis zum internationalen Dialog. Die Reise wurde in Kooperation mit dem Dr. Karl Renner Institut durchgeführt, was den bildungspolitischen Anspruch zusätzlich stärkte.
Im Zentrum dieser Reise stand nicht nur die Vermittlung politischer Inhalte, sondern vor allem das gegenseitige Lernen, das direkte Gespräch und die Erfahrung, wie Demokratien in einer zunehmend komplexen Welt weiterentwickelt werden können. Gerade in Zeiten globaler Herausforderungen zeigt sich, wie wichtig internationale Bildungsarbeit und persönliche Begegnungen sind, um Verständnis, Kooperation und gegenseitige Wertschätzung zu fördern.
New York – Diplomatie, Stadtpolitik und internationale Perspektiven
(27.–29. Oktober 2024)
In New York City, dem pulsierenden Zentrum internationaler Politik, standen zunächst Besuche bei multilateralen Organisationen und österreichischen Auslandsvertretungen auf dem Programm. Die Delegation wurde empfangen bei der Ständigen Vertretung Liechtensteins bei den Vereinten Nationen durch SE Christian Wenaweser, einem ausgewiesenen Diplomaten mit Erfahrung in globaler Zusammenarbeit. Anschließend führte Botschafter Alexander Marschik, Leiter der Ständigen Vertretung Österreichs bei den Vereinten Nationen, in aktuelle Herausforderungen der internationalen Politik und die Position Österreichs im multilateralen System ein.
Im österreichischen Generalkonsulat berichtete Generalkonsulin Mag.a Helene Steinhäusl im Rahmen eines „brown bag lunch“ über die konsularischen Tätigkeiten und politische Arbeit in einem der wichtigsten internationalen Ballungsräume. Die kulturelle Dimension wurde im Anschluss durch einen Besuch im Österreichischen Kulturforum New York ergänzt, wo Konsulin Mag.a.phil. Melina Tsiamos durch die aktuelle Ausstellung und die Arbeit des Forums führte.
Ein besonderer Fokus lag auf dem Austausch mit lokalen politischen Akteur*innen: In Brooklyn/Williamsburg traf die Delegation auf Emily Gallagher, Abgeordnete der New York State Assembly, sowie auf Patricia Ceravole, eine erfahrene politische Organisatorin. In offener Atmosphäre diskutierte man über Wahlkampfarbeit, städtische Infrastruktur, soziale Gerechtigkeit und die Rolle junger progressiver Bewegungen im aktuellen politischen Klima der USA.
Philadelphia – Wie alles begann
(29. Oktober 2024)
Die Weiterreise nach Washington D.C. führte über Philadelphia, jenen symbolträchtigen Ort, an dem die amerikanische Demokratie vor über 200 Jahren ihren Anfang nahm. Bei einem individuellen Stadtrundgang konnten zentrale historische Stätten wie die Independence Hall, das Liberty Bell Center oder das National Constitution Center besichtigt werden. Dieser Zwischenstopp erinnerte daran, dass demokratische Errungenschaften nicht selbstverständlich sind – und dass ihr Erhalt aktives Engagement und ständige Auseinandersetzung braucht.
Washington – Globale Institutionen und politische Analyse
(30. Oktober – 2. November 2024)
In Washington D.C., dem politischen Zentrum der Vereinigten Staaten, vertiefte sich die Delegation in das institutionelle Gefüge auf Bundesebene. Am 30. Oktober informierte Cordula Everett in der österreichischen Botschaft über die diplomatische Arbeit in den USA sowie die kulturelle Vermittlung durch das Austrian Cultural Forum Washington.
Ein inhaltlicher Schwerpunkt folgte am selben Tag bei der Friedrich-Ebert-Stiftung, wo Knut Panknin, Senior Program Officer, eine fundierte zweigeteilte Analyse der politischen Lage in den USA präsentierte. Dabei ging es nicht nur um das Wahlrecht, das Parteiengefüge oder die bevorstehende Wahl, sondern auch um gesellschaftliche Polarisierung, die Rolle der Medien und den Zustand der amerikanischen Demokratie.
Am 31. Oktober standen Besuche bei einigen der bedeutendsten politischen und kulturellen Institutionen des Landes auf dem Programm: eine VIP-Tour durch das US-Kapitol, ein individueller Besuch der Library of Congress sowie des White House Visitor Centers. Besonders beeindruckend war das Gespräch bei der Weltbank mit Axel van Trotsenburg, Senior Managing Director, der über globale Partnerschaften, Entwicklungsfinanzierung und die Rolle multilateraler Institutionen in einer sich wandelnden Welt sprach.
Begegnung & Dialog im Festival Center
(1. November 2024)
Am 1. November fand im Festival Center Washington ein ganztägiger Austausch mit Vertreter*innen aus dem Umfeld der Demokratischen Partei und zivilgesellschaftlichen Organisationen statt. Die Gespräche konzentrierten sich auf soziale Wohnpolitik, Klimagerechtigkeit, kommunale Regierungsarbeit und die Schnittstellen zwischen Bewegung und Institution.
Am Abend wurde der Raum für eine öffentliche Veranstaltung geöffnet, bei der Dialog, Vernetzung und gegenseitige Inspiration im Mittelpunkt standen. Für viele Teilnehmende war dies der intensivste Teil der Reise: nicht nur zuzuhören, sondern aktiv mitzudiskutieren – auf Augenhöhe und mit der Bereitschaft, voneinander zu lernen.
Franz Leichter – Eine Verbindung über Jahrzehnte
Die WBA pflegt seit Jahren enge Kontakte zu progressiven Kräften in den USA. Eine besonders persönliche und historische Verbindung bestand zu Franz Leichter, dem Sohn der österreichischen Widerstandskämpferin Käthe Leichter. Franz Leichter war langjähriger Senator im Bundesstaat New York und setzte sich mit Nachdruck für soziale Gerechtigkeit, Bürgerrechte und demokratische Reformen ein.
Franz Leichter war der WBA über viele Jahre hinweg ein verlässlicher Partner und enger Freund. Mehrfach traf man sich zu Gesprächen – sowohl in New York als auch in Wien –, bei denen es stets um mehr ging als um politischen Austausch: Es war ein gemeinsames Ringen um die Frage, wie Demokratie weiterentwickelt werden kann. Sein Tod im Jahr 2023 hinterließ eine Lücke, doch sein Engagement und seine Werte leben in der Arbeit der WBA weiter.
Organisation & Ausblick
Die Organisation dieser intensiven Bildungsreise lag in den Händen von Wolfgang Markytan und Bernd Herger, unterstützt von Ebru Kelesoglu. Mit großem Engagement, organisatorischer Sorgfalt und politischem Feingefühl stellten sie ein Programm auf die Beine, das sowohl strukturiert als auch offen für spontane Begegnungen war.
Diese Reise war mehr als eine politische Studienreise. Sie war Ausdruck einer Überzeugung: dass Demokratie international gedacht und ständig weiterentwickelt werden muss. Dass Begegnung und Austausch entscheidende Voraussetzungen für ein tieferes Verständnis globaler Zusammenhänge sind. Und dass politische Bildung am stärksten wirkt, wenn sie vor Ort, im direkten Kontakt, in lebendigen Gesprächen und offenen Fragen stattfindet.
Die Erkenntnisse, Eindrücke und Kontakte dieser Reise – vom 26. Oktober bis zum 3. November 2024 – wirken über die Reisedauer hinaus: Sie bereichern die politische Arbeit der Teilnehmenden und stärken das internationale Netzwerk der WBA.